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Komplex, aber machbar: Homeoffice für die Zahnarztpraxis
Schon vor Corona haben sich viele Angestellte mehr Flexibilität gewünscht. Vor allem „Working Remote“ stand dabei hoch im Kurs, also das Arbeiten nicht im Büro, sondern aus der Ferne. Viele Arbeitgeber sträubten sich. Bis die Pandemie kam und auf einmal halb Deutschland völlig unvorbereitet im Homeoffice saß – und das unerwartet gut funktionierte.
Acht Prozent haben schon Erfahrung
In Zahnarztpraxen gilt das Modell Homeoffice für Mitarbeiter:innen weiterhin als exotisch. Logisch, denn die eigentliche Arbeit wird natürlich am Stuhl gemacht, und zudem müssen die Patient:innen vor Ort in Empfang genommen und persönlich betreut werden. Dennoch wünschen sich auch Praxismitarbeiter:innen zunehmend, wenigstens hin und wieder von zu Hause aus zu arbeiten zu dürfen.
Das zeigt eine Umfrage des Verbands medizinischer Fachberufe (VmF). Von 480 Zahnmedizinischen Fachangestellten (ZFA) sagten dort 22 Prozent, dass sie sich vorstellen könnten, bestimmte Tätigkeiten aus der Ferne zu erledigen. Mehr als jede zweite scheiterte jedoch an Chef oder Chefin. Immerhin: Acht Prozent gaben an, dass sie die Möglichkeit des Homeoffice bereits wahrgenommen hätten – meist sogar schon vor der Pandemie.
Ein Alleinstellungsmerkmal für Praxischef:innen
„Für eine Zahnarztpraxis ist das sicherlich nicht einfach umzusetzen“, sagt Nina Dreschmann, Referentin für Praxismanagement bei der DZG eG. „Trotzdem kann es sich für Zahnärztinnen und Zahnärzte lohnen, weil sie damit ein Alleinstellungsmerkmal schaffen. Gerade bei den jüngeren Leuten ist Homeoffice eine Frage der Work-Life-Balance und deshalb attraktiv.“ Christian Brendel, Vorstand IT in der DZG eG, pflichtet ihr da bei: „Die Nachfrage ist auf jeden Fall groß. Wir beobachten schon länger, dass Arbeiten flexibler wird – auch in der Zahnarztpraxis.“
Datenschutz, Arbeitsrecht, Schweigepflicht
Beste Gründe also, die Zahnarztpraxis homeoffice-tauglich aufzustellen. Und schon folgt das große Aber, und das gleich dreifach: „Datenschutz, Arbeitsrecht, ärztliche Schweigepflicht“, zählt Michael Lennartz auf. Wer sich auf diesen drei Feldern nicht akribisch absichert, riskiert im Schadensfall deftige Strafen. Das größte Problem: Auch beim Zuarbeiten aus der Ferne muss der Schutz der Patientendaten jederzeit gewährleistet sein. „Wenn die Praxis ihre wichtigsten Belege auf Papier im Aktenordner führt, dann kann man das sowieso vergessen“, warnt Lennartz, Vorstand Recht in der DZG eG. „Dann hat man schon ganz praktisch ein Problem und muss die Buchhaltung im Büro lassen.“
Digitalisierung der Verwaltung ist der erste Schritt
Hat die Praxis hingegen ihre Verwaltungsprozesse digitalisiert, ist die erste Hürde genommen. Bleiben zwei weitere: der sichere Datentransfer und der Datenschutz im Heimbüro. Wenn Mitarbeiterinnen Abrechnungen oder Terminvergabe zu Hause machen, müssen sie mit dem oder der Praxischefin sicherstellen, dass wirklich niemand sonst Zugang zu den Patientendaten hat. Weder dürfen die Kinder mal schnell an den Rechner wollen, noch der Partner nebenan Zeitung lesen, während die ZFA mit Patienten telefoniert.
Strikte Trennung von Privat und Praxis
Praktisch heißt das: „Sofern Patientendaten verarbeitet werden, muss gewährleistet sein, dass keine Vermischung von privaten und Praxisdaten auf dem Rechner möglich ist. In der Regel lässt sich das am besten mit einem eigenen Rechner umsetzen, den die Praxis zur Verfügung stellt“, erläutert Rechtsanwalt Michael Lennartz. „In einer Zweizimmerwohnung und der Partner sitzt nebenan auf dem Sofa, das geht nicht.“ Schließlich gilt auch außerhalb der Praxis und auch für die Mitarbeiterinnen die ärztliche Schweigepflicht. Die Faustregeln im Umgang mit Patientendaten lauten also: keine Vermischung von Praxis und Privatem und keine Einblicke von Unbefugten auf den Bildschirm.
Passwörter, VPN-Tunnel und trotzdem angreifbar
Um es Hackern so schwierig wie möglich zu machen, sollte auch keine eigene Hardware angeschlossen werden (z.B. Drucker), sondern immer nur Praxis-Hardware. Der Rechner muss natürlich mit einem Passwort geschützt werden, ideal wäre eine Zwei-Faktor-Authentifizierung. Bei lokalem Arbeiten sollten regelmäßig Datensicherungen durchgeführt werden.
Sofern im Homeoffice der Zugriff auf Daten des Praxisservers benötigt wird, ist die Einrichtung eines VPN-Tunnels erforderlich (Virtual Private Network). Dieser Tunnel sichert die Kommunikation des Remote-Arbeitsplatzes mit dem Praxisnetzwerk – aber selbst der sei nicht hundertprozentig sicher, warnt Christian Brendel. „Sowie man Patientendaten mit nach Hause nimmt – ob physisch oder digital –, erweitert man den Sicherheitsumfang der Praxis, und das wird leicht zur Schwachstelle.“
Eine ganz einfache Lösung
Bei so viel Aufwand drängt sich die Frage auf: Lohnt sich das? Oder müssen die Mitarbeiterinnen dann eben auf Homeoffice verzichten? Nein, sagt Brendel und schlägt eine ganz einfache Lösung vor: „Meine Empfehlung ist: Patientendaten gehören in die Praxis. Alle anderen Verwaltungsaufgaben kann man wunderbar von zu Hause aus erledigen.“
Es bleibt viel zu tun im Homeoffice
Und davon bleibt eine Menge: Qualitätsmanagement aktualisieren, Bestellungen aufgeben, Urlaubspläne erstellen, Buchhaltung erledigen, Dienstpläne schreiben, Personalakten pflegen, Mitarbeitergespräche vorbereiten, Zahlungsverkehr erledigen. „Auch das beinhaltet zwar Daten, die man schützen muss, aber nicht die besonders sensiblen Patientendaten“, betont Brendel.
Cloudlösungen bieten Schutz
Praxen, die mit Cloudlösungen arbeiten, sind hier deutlich im Vorteil: Statt auf lokalen Rechnern oder meist ungeschützten Datenspeichern werden die Daten auf den Server eines Anbieters gespeichert und dort bearbeitet. Dadurch lassen sie sich von verschiedenen Orten und Geräten aus bearbeiten, ohne dass man sie zwischen Anwendern hin- und herschicken muss oder den Überblick darüber verliert, welches nun eigentlich die aktuelle Version ist. Die Übertragung und Speicherung der Daten erfolgt bei geeigneten Anbietern stets verschlüsselt und sollte auf Servern in Deutschland stattfinden.
Im Team besprechen, in Kontakt bleiben
Wer aber darf denn nun ins Homeoffice? „Das sollte man einfach mit dem gesamten Team besprechen“, empfiehlt Praxisberaterin Nina Dreschmann. „Erfahrungsgemäß wollen gar nicht alle ins Homeoffice.“ Am besten solle das ganze Team überlegen, wer was von zu Hause aus erledigen kann, wer überhaupt Interesse daran hat, und dann entsprechend planen. „Wichtig ist dabei auch, dass die Kommunikation untereinander immer bestehen bleibt. Man könnte zum Beispiel für den Anfang der Woche eine kurze Teamsitzung einführen, um die Aufgaben zu verteilen und sich zu besprechen, damit alle auf dem Laufenden sind und jeder weiß, was der andere gerade macht.“
Nicht vergessen: Arbeitsvertrag anpassen
Wichtig sei auch, eine Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag zu schließen, sagt FVDZ-Justiziar Michael Lennartz. „Laut der Arbeitsstättenverordnung bedarf die sogenannte Telearbeit einer individuellen Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber.“ Geregelt werden darin zum Beispiel Arbeitszeiten, Erreichbarkeit, eventuelle Zuschüsse zu Stromkosten, Ausstattung des Heimarbeitsplatzes und ob die Dienstgeräte auch privat genutzt werden dürfen. Außerdem gebe es auch eine versicherungsrechtliche Komponente: „Wenn Sie auf dem Weg vom Schreibtisch zum Kinderzimmer stürzen, dann greift die gesetzliche Unfallversicherung nicht.“
Warum die Gerichte hier einen Unterschied machen zwischen Büro-Kaffeeküche und heimischem Herd, ist sicherlich einen eigenen Artikel wert. Am Ende muss man sich wohl einfach entscheiden, ob man Homeoffice will oder nicht.
Angebote, die weiterhelfen:
Die DZG eG hat zahlreiche Angebote, die die Organisation von Homeoffice ermöglichen, darunter Rechtsberatung zu Arbeitsverträgen, IT-Sicherheit und Datenschutz, Cloudlösungen für Finanzprozesse und Praxisverwaltung, Führungskräfteschulungen oder auch die digitale Personalverwaltung.
Der Artikel ist in der März-Ausgabe des FVDZ-Magazins Der Freie Zahnarzt als Teil der Titelstrecke erschienen. Thema war Fachkräftemangel und wie Praxischef:innen ihre Mitarbeiter:innen motivieren und im Team halten können.
Foto: Unsplash/Walling